… Es ist der Vater mit seinem Kind. Oder doch eher der Testfahrer mit einem Prototyp? Als Erlkönige werden seit den 1950er-Jahren die Vorboten neuer Modelle genannt, die vom Hersteller in verhüllter Optik im Straßenverkehr auf „Herz und Nieren“ getestet werden.
Woher stammt der Begriff Erlkönig?
Die Namensgebung geht auf Goethes Ballade Erlkönig zurück: In der „auto motor und sport“ erschien ab Mitte Juni 1952 eine Zeitlang in jeder Ausgabe ein mehr oder weniger deutliches Bild eines Automobilprototyps. Um der dadurch provozierten Autoindustrie diese „Enthüllungen“ etwas angenehmer zu machen, versah Chefredakteur Heinz-Ulrich Wieselmann die Bilder mit poetischen Begleittexten, die er im Stil der goetheschen Ballade dichtete. Als immer wiederkehrende Überschrift dieser Reihe wurde „Erlkönig“ bestimmt, eine Bezeichnung, die fortan für jeden Prototyp verwendet und schnell zu einem geläufigen Ausdruck wurde. Der erste Reim, der dem „verhüllten“ Mercedes-Benz 180 gewidmet war, beginnt mit den Zeilen:
„Wer fährt da so rasch durch Regen und Wind?
Ist es ein Straßenkreuzer von drüben,
der nur im Umfang zurückgeblieben,
oder gar Daimlers jüngstes Kind?“
Augen auf beim Erlkönig-Sichten
Doch warum „verkleiden“ die Hersteller ihre Fahrzeuge überhaupt? Da es sich um Prototypen neuer Modelle handelt, deren Markteinführung oft noch einige Jahre auf sich warten lässt, möchte die Automobilindustrie dieses Fahrzeug möglichst gut schützen. Dazu zählt auch die Tarnung bei Testfahrten im öffentlichen Straßenverkehr. Die Fahrzeuge werden mit gemusterten Folien beklebt, markante Konturen bekommen Abdeckungen, Scheinwerfer werden abgeklebt und auch Anbauteile helfen bei der Täuschung über die wahre Optik. Schließlich sollen nicht bereits alle Trümpfe des neuen Modells bekannt werden. Wer einen Erlkönig zu sehen bekommt, kann sich glücklich schätzen – Sternschnuppen erblickt man wahrscheinlich häufiger!